Montag, 29. Juni 2015

Überarbeiteter Weichenantrieb von Märklin

Seit Kurzem ist von Märklin unter der alten Artikelnummer 74491 ein weiterentwickelter Weichenantrieb erhältlich. Obwohl der Antrieb mit seinen Vorgängern beliebig austauschbar ist, lohnt sich ein genauer Blick, denn die Veränderungen sind umfassend. Sie betreffen sowohl den elektrischen als auch den mechanischen Teil.


Besonders interessant ist natürlich die Schutzbeschaltung der Endschalter. Werden diese nun länger halten als vorher? Einen neuen Dauertest werde ich nicht durchführen, doch Messungen mit dem Oszilloskop erlauben eine Prognose.

Äußere Merkmale


Die Verpackung unterscheidet sich nur in Details von denen älterer Antriebe. Neu sind das CE-Zeichen (1) und die Infobox (2) mit einer Angabe des Inhalts. Der Strichcode (3) bleibt unverändert. Leider ist nicht gewiss, ob die Umstellung von Verpackung und Inhalt gleichzeitig erfolgte. Zeit also, sich die eigentlichen Antriebe genauer anzusehen. Der neue Antrieb liegt jeweils oben.


Der riesige Aufkleber (1) ist die auffälligste Veränderung. Ein ähnlicher Aufkleber wurde jedoch teils schon beim Vorgänger verwendet. Subtiler: Die grüne Platinenunterseite (2) und die geänderte Form der Antriebsstange (3).


Von oben erkennt man, dass über dem Endschalter (1) nun eine Abdeckung liegt. Auch ist der weiße Spulenkörper (2) etwas voluminöser geworden. Am Blechgehäuse wurde nichts verändert.


Damit sollte es leicht fallen, die neuen Antriebe von den alten zu unterscheiden.

Mechanik


Wenn man die Antriebe öffnet, fällt zunächst der vergrößerte Spulenkörper (1) auf, der nun bis unter die Endschalter reicht. Außerdem ist der hintere Fortsatz (2) des Ankers verdickt, mit dem der Endschalter betätigt wird.


Auf der Unterseite ein weiteres interessantes Detail: Der Stellweg wird durch einen Zapfen begrenzt, der beim alten Antrieb in einem Schlitz (1) der Platine verlief. Beim neuen Antrieb wird er im Kunststoffkörper geführt und hat nun zwei Anschläge (2) aus einem elastischen Material. Das erklärt auch, warum der neue Antrieb etwas leiser ist als der alte.


Die Veränderungen sind durchdacht. Ich habe zwei Antriebe, bei denen der Führungszapfen abgeschert ist und einen, bei dem der hintere Endschalter nicht zuverlässig betätigt wird. Mit den überarbeiteten Antrieben dürften diese Fehler Geschichte sein.

Elektrik


Zum Vergleich ist hier nochmal das Ersatzschaltbild der alten Antriebe. Uns interessiert die Schutzbeschaltung: Zu den Endschaltern ist je ein Varistor parallel geschaltet. Er wird wie ein elektrisches Überdruckventil. Wenn die Spannung einen gewissen Wert (ca. 38 V) überschreitet, leitet er; andernfalls sperrt er. Dies wurde im Artikel zum verbesserten C-Gleis-Weichenantrieb bereits erläutert.

Ersatzschaltbild des alten Antriebs 74491

Nun der neue Antrieb: Der Varistor ist nun parallel zur Antriebsspule geschaltet. Parallel zum Endschalter findet man nun einen Kondensator von 220 nF; eine Konstruktion, die ich irgendwo schonmal so ähnlich gesehen habe. Ein Widerstand zum Entladen des Kondensators ist nicht vorhanden.

Ersatzschaltbild des neuen Antriebs 74491

Zwei Eigenschaften der Schaltung verwundern mich: Erstens ist kein Entladewiderstand für den Kondensator vorhanden. Allerdings zeigten Messungen, dass er nach dem Abschaltvorgang rasch wieder entladen wird, und zwar zu schnell, als dass dies durch den Innenwiderstand des Oszilloskops erklärbar wäre.

Zweitens ist der Varistor nun parallel zur Spule geschaltet. Damit wird die Schalterspannung weniger wirksam begrenzt als wenn er parallel zum Schalter geschaltet wäre. Mit Spannungspfeilen lässt sich das Problem illustrieren

Maximale Spannungen beim Abschaltvorgang des neuen Antriebs

Anhand eines Maschenumlaufs kann man erkennen, warum die Kondensatorspannung bei einer angenommenen Varistor-Durchlassspannung von 38V fast das dreifache der Betriebsspannung erreichen kann. Hätte man den Varistor weiterhin parallel zum Endschalter angebracht, könnten nur 38V am Endschalter auftreten.

Messungen


Als Versuchsaufbau wurde eine Weiche mit Decoder und Shuntwiderstand versehen. Der Shunt ist eine Art Vorwiderstand für den Antrieb, ist aber zu klein gewählt, als dass er den Stom wirksam begrenzen könnte. Er dient nur dazu, den Antriebsstrom mit dem Oszilloskop zu messen. 

Gemessene Spannungen beim Versuch, hier am Beispiel des neuen Antriebs

In den folgenden Diagrammen ist jeweils der Strom rot dargestellt und die Spannung am Endschalter gelb. Ein Kästchen entspricht 0,5 A oder 10 V. Die Nulllinie liegt stets in der Mitte. Dass die Schalterspannung in negativer Richtung dargestellt wird, hat nur messtechnische Gründe.

Bei der alten Ausführung sehen wir, dass die Schalterspannung zunächst (1) auf ca. 12 V springt und dort verharrt, während der Spulenstrom (2) exponentiell absinkt. Der Schalter schließt dann nochmal (3), was man als Prellen bezeichnet und bei mechanischen Schalter schwer zu vermeiden ist. Dann beginnt das Spiel von vorne. Während der Strom weiter sinkt, steigt die Schalterspannung, bis der Lichtbogen endlich abreißt (4).

Abschaltvorgang beim alten Antrieb 74491

Die am Schalter verbratene Leistung kann man leicht berechnen, indem man Spannung und Strom miteinander multipliziert. Es sind ca. 10 W, also die Leistung eines kleinen Lötkolbens, die sich während knapp 300 µs im Schalter konzentrieren. Der Varistor ändert daran wenig. Er wird erst bei (4) aktiv, wenn der Lichtbogen abreißt. Dann verhindert er wenigstens eine Neuzündung. Es sollte nicht verwundern, dass diese Konstruktion sich nicht bewährt hat.

Völlig unbedeutend für die Funktion des Endschalters ist übrigens der Impulskamm (5), der sich an den Schaltvorgang anschließt. Er entsteht durch die Nulldurchgänge der Gleisspannung.

Sehen wir uns nun den neuen Antrieb an. Man betrachte die geänderte Skalierung! Ausnahmsweise musste die Schalterspannung mit 20 V pro Kasten angezeigt werden, da sie sonst außerhalb des ablesbaren Bereichs läge.

Abschaltvorgang beim überarbeiteten Antrieb 74491

Man beachte das rasche Absinken des Schalterstromes (1). Da der Schaltlichtbogen gar nicht erst zündet, ist hier mit einer hohen Lebensdauer des Endschalters zu rechnen. Noch nicht erklären kann ich mir den Anstieg des Stromes bei (2). Dieser ist zum Glück ungefährlich.

Zum Vergleich das gleiche bei meiner eigenen eigenen Variante. Hier gibt es nun kein Überschwingen mehr. Sobald der Kondensator auf die Betriebsspannung geladen ist, kommutiert der Spulenstrom auf die Freilaufdiode (1). Und das geht schnell. Die Zeitachse (2) wurde hier nämlich um den Faktor 100 im Vergleich zu den vorherigen Diagrammen gestreckt. Leider ist diese Schutzbeschaltung nicht anwendbar, wenn mit Wechselstrom geschaltet wird.

Abschaltvorgang bei einem von mir umgebauten Antrieb

Ob mit Freilaufdiode oder Varistor, der Kondensator reduziert die Belastung der Enschalter auf ein Minimum. Ich bin daher zuversichtlich, dass die Probleme mit der Lebensdauer der Märklinantriebe nun gelöst sind und keine Endschalter mehr überbrückt werden müssen.

Fazit


Die überarbeiteten Weichenantriebe von Märklin zeigen eine Reihe sinnvoller Verbesserungen, die aller Voraussicht nach die Lebensdauer stark verlängern werden. Bezüglich der Idee mit dem Kondensator hätte ich allerdings ein Wort der Anerkennung angebracht gefunden.

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Verbesserter C-Gleis-Weichenantrieb

6 Kommentare:

  1. Sehr interessant - Danke für die Mühe.

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  2. Gern geschehen. Es ist ja auch ein ergiebiges Thema.

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  3. Danke für den interessanten Artikel!

    Ist es abzusehen, dass der K-Gleis Antrieb ebenfalls überarbeitet wird?

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    1. Davon ist mir nichts bekannt. Es würde mich aber nicht wundern, wenn zumindest die Schutzbeschaltung übernommen würde.

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  4. Danke, super Info .
    Eine Frage betreiben Sie diese C-Weichen mit Gleichstrom, könnten Sie mir ein Produkt mit Bezugsquelle nennen?

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    1. Gleichstrom liefern fast alle Weichendecoder an ihrem Ausgang. Ich verwende bevorzugt den WeichEi von Sven Brandt. Mehr dazu unter www.digital-bahn.de

      Eine Ausnahme ist der Lenz LS150, da er mit Wechselstrom schaltet. Andere Decoder, die über einen Trafo versorgt werden, liefern in der Regel eine pulsierende Spannung, die aber, anders als reine Wechselspannung, nie die Richtung wechselt.

      Die Antriebe von Märklin funktionieren gleichermaßen mit Gleich- und Wechselstrom. Von daher ist es Ihnen überlassen, welches von beiden Sie nutzen.

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